Quantcast
Channel: Erinnerung – fokussiert.com
Viewing all articles
Browse latest Browse all 12

Waldbild: Gefühle vermitteln

$
0
0

Fotografie richtet sich an unseren Sehsinn. Durch den Einbezug der Erinnerung an eigene Erlebnisse können wir aber mit Bildern auch andere Sinne ansprechen.Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Robert Kiener).

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Robert Kiener).

Kommentar des Fotografen:

Frühmorgens im Wald beim spazieren. Habe mal versucht mit meiner Kamera das Lichtspiel mit der morgendliche Sonne und den Bäumen einzufangen, Licht und Schatten in schwarz-weiss in Szene zu setzten und die Stille im Wald mystisch hinüber zu bringen.

Profi Martin Zurmuehle meint zum Bild von Robert Kiener:

Unser Sehsinn ist mit Abstand unser stärkster Sinn. Trotzdem gewinnt ein Bild an Wirkung, wenn es uns gelingt, auch andere Sinne (z.B. den Gehörsinn oder den Geruchssinn) anzusprechen. Das geht allerdings nur indirekt über unsere Erinnerung:

Wenn wir selbst ein solche Lichtsituation in einem Wald am Morgen erlebt haben, so kann das Bild uns auch an diese spezielle Stimmung (z.B. das Zwitschern der Vögel oder den Geruch des Waldes) erinnern und so unsere Gefühle ansprechen. Das gelingt Robert Kiener bei diesem Bild meiner Ansicht nach sehr gut. Ich habe solche Momente schon erlebt – und deshalb spricht mich diese Stimmung an. Wer allerdings noch nie in einem Wald diese spezielle Lichtstimmung erlebt hat, wird das Bild nicht gleich beurteilen.

Neben diesem eher subjektiven Aspekt überzeugt diese Aufnahme aber auch durch die präzise rhythmische Gestaltung. Wiederholungen sind starke gestalterische Muster, die hier wirkungsvoll eingesetzt werden. Zudem hat der Fotograf einen geschickten Aufnahmestandort gewählt, von wo aus sich die Bäume nicht überlappen. Dadurch wirkt jeder Baum für sich selbst und es entstehen keine Massierungen. Das helle Licht erzeugt diese spezielle Stimmung und hebt gleichzeitig auch die verschiedenen dunklen Baumstämme hervor.

Einen kleinen Bruch in dieser sonst sehr harmonischen und rhythmischen Anordnung bildet der liegende Baumstamm. Er bricht die Komposition und für mich wirkt er als Fremdkörper und zieht den Blick zu stark auf sich. Ohne diesen liegenden Baum wäre die Komposition stärker.

Ein weiterer Punkt ist für mich die Verteilung der Tonwerte. Eine solche Lichtsituation besitzt einen zu grossen Kontrastumfang. Sie müssen sich deshalb entscheiden, was sie richtig abbilden möchten. Robert Kiener hat sich entschieden, den Vordergrund mit dem Waldboden und den Bäumen richtig zu zeigen und die Lichter überstrahlen zu lassen. Das Licht wirkt dadurch sehr hell und leicht.

Ob diese gewählte Kombination allerdings die Beste ist, könnte Sie nur durch einen Vergleich mit einer Serie von verschiedenen Aufnahmen mit leicht unterschiedlichen Belichtungen (Braketing) prüfen. Ich glaube, eine leicht tiefere Belichtung hätte noch etwas mehr Zeichnung in den Lichtern gelassen, ohne dass der Vordergrund zu dunkel geworden wäre. Bei Aufnahmen im RAW-Format können verschiedene Entwicklungen gemacht und miteinander verglichen werden. Auch eine HDR-Entwicklung aus einem RAW-Bild wäre möglich.

Das Bild ist so gut, dass sich dieser Aufwand sicher lohnen würde.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
Mehr über die Profi-Bildkritik erfahren / Eigene Bilder zur Kritik einreichen.


SPONSOREN

Viewing all articles
Browse latest Browse all 12